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Wort für den Tag: Sonntag, 19. April

19.04.2020

„Glücklich sind, die nicht sehen und trotzdem glauben.“ Joh 20, 29

Wort für den Tag

Ich schaue auf das alte Bild „Der ungläubige Thomas“.
Es ist ein 400 Jahre altes Gemälde. Auf ihm ist etwas abgebildet, was es so gar nicht zu sehen gab und gibt.
In der linken Bildhälfte steht Jesus. Sein Körper ist nur notdürftig von einem Tuch umschlungen. Seine Brust und vor allem die Wunde in seiner Seite sind unbedeckt. Ruhig, konzentriert und scheinbar schmerzfrei schaut er – tja, wohin? – auf die Hand des Jüngers Thomas, die sich gerade in seine Seite bohrt, auf seine eigene Hand, die dessen Hand hält, bremst, führt? Oder schaut er eher nach Innen?
Hinter Thomas stehen noch zwei Jünger. Hochkonzentriert und forschend richtet sich ihr Blick auf den Finger des Thomas, fast muten sie an wie zwei Ärzte bei einer Operation. Auf der ganzen Szene liegt eine große Ruhe und Konzentration.  In gleicher Weise richtet sich der Blick des Thomas auf seine eigenen Zeigefinger, der in der Seite Jesu auf Augenhöhe verschwunden ist.
Alles sieht so echt und absolut glaubwürdig aus. So hätte es doch wirklich sein können. Tatsächlich wird es uns im Johannesevangelium aber nicht so erzählt.
Dort fordert Jesus Thomas auf, das zu tun, was der Maler Caravaggio gemalt hat,  aber Thomas tut es nicht. Jesus zu sehen, das reicht für ihn aus. Den ganz handfesten Beweis für die Auferstehung braucht sein Glaube doch nicht. Er muss ihn nicht mehr berühren, aber er muss damit leben, dass sein Glaube mehr spürbare, sichtbare Erfahrung braucht. Er muss damit leben, dass Jesus ihm sagt: „Glücklich sind, die nicht sehen und trotzdem glauben.“ Joh 20, 29
Ach, Thomas, möchte ich ihm gerne sagen, ich kann dich verstehen. Mein Glaube braucht auch immer mal spürbarere Erfahrungen. Ein Gottesdienst im Internet ist besser als gar keiner und doch ist es für mich meilenweit von der Erfahrung entfernt, mit anderen gemeinsam zu singen und zu beten und einen Raum zu teilen. Jetzt, wo das nicht so einfach möglich ist, spüre ich erst, wie es mir fehlt, Bruder Thomas.

Lied für den Tag

„Die ganze Welt, Herr Jesu Christ“ EG 110

Gebet

Es mag so sein
wie das Aufstehen
nach einer langen, erschöpfenden Krankheit.
Allmählich beginnen wir Fuß zu fassen
im neuen Leben,
das unberührt vor uns liegt
und uns zu locken beginnt.
Wieder geboren
wachsen wir heran
und nähern uns
dem Geheimnis von Ostern, Gott.
Wir fragen, wir glauben,
wir zweifeln, wir hoffen.
Hilf uns, Gott des Lebens. Amen.

Was tun, mit der freien Zeit?

Ich werde heute Abend um 19 Uhr wieder auf meinen Balkon gehen und zurückhaltend bei „Der Mond ist aufgegangen“ mitsingen und laut in das Rund der vielen Hinterhöfe „Danke!“ rufen. Vielleicht habe Sie auch die Möglichkeit an so einer real erfahrbaren Form von Musik  teilzunehmen.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten 1. Sonntag nach Ostern!

Ulrike Taggeselle, ordinierte Gemeindepädagogin


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